Alevitentum

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Was ist das Alevitentum?

In der Türkei leben über 23 Mio. Menschen türkischer, turkmenischer, kurdischer und arabischer Herkunft, die sich als Aleviten bezeichnen. In Deutschland schätzt man deren Zahl auf ca. 700.000. Da die Aleviten in Anatolien der vorislamischen Kultur weitgehend verbunden blieben und die geschichtliche sowie religiöse Entwicklung ihres Landes maßgeblich beeinflussten, unterscheiden sie sich sowohl von orthodox-islamischen Sunniten als auch von iranischen Schiiten.

Bezeichnend für die sozial-politischen Grundsätze der Aleviten sind vor allem die grundsätzliche Ablehnung von Gewalt und die Gleichstellung von Frau und Mann.

Das Alevitentum ist ein als lebensphilosophisch anzusehendes Glaubenssystem, in dem Grundwerte wie die Ausbildung und Bewahrung eines allgemeinen Sinnes für Gerechtigkeit, Menschenliebe, Toleranz, Religions- und Meinungsfreiheit eine zentrale Rolle spielen.

Dies kommt insbesondere in der Definition einer Person als Alevit/in zum Ausdruck, die

  • in seinem/ihrem Herzen die Menschenliebe trägt und pflegt,
  • jede Religion, Konfession und Glaubensrichtung achtet und toleriert
  • keine diskriminierenden Unterschiede aufgrund von Sprache, Religion, Rasse und Hautfarbe macht,
  • sehr großen Wert auf die Aneignung von Wissen und die Förderung und Aussagen der Wissenschaft legt,
  • Gott und den Menschen als eine Einheit ansieht.

 

Die Aleviten glauben an eine heilige Kraft des Schöpfers, die an die Menschen vor allem durch Mohammed und Ali, sowie durch deren Nachkommen bis heute übertragen wird. Diese heilige Kraft kann demnach jeder Mensch erwerben, sei er Alevit oder Christ, Frau oder

Mann. Dem alevitischen Glauben nach ist der Mensch das vollkommenste und schönste Lebewesen im Universum. Der Mensch und alle anderen von Gott erschaffenen Wesen werden als Wiederspiegelung der Geheimnisse und Gesichter Gottes auf Erden betrachtet.

Aleviten sind der Überzeugung, dass der Mensch ein vor Gott freies Wesen ist und zu diesem deshalb ein Verhältnis aufbauen kann, welches sich nicht durch bedingungslose Unterwerfung vor einem Herren kennzeichnet. Für die Aleviten ist das Verhältnis zwischen Gott und Mensch von der Hilfe und Fürsorge Gottes geprägt, der den freien Menschen dabei unterstützt, Gott im Laufe des Lebens immer näher zu kommen.

Wenn aber der Mensch vor Gott frei ist und die Aufgabe hat, sich zur Gottähnlichkeit zu entwickeln, dann müssen alle Menschen, gleich welcher Religion, Nation, Rasse oder welchen Geschlechtes sie angehören, automatisch als vor Gott gleich betrachtet werden. Denn sie alle haben die gleiche Aufgabe und das gleiche Ziel. Aleviten glauben daran, dass ohne innige Liebe zu Gott dieses Ziel nicht zu erreichen ist.