Alevitentum

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13. – 15. Februar: Hızır-Fasten (Hızır orucu)

Jedes Jahr wird die zweite Februarwoche als die „Woche von Hızır“ gefeiert. Hızır (Chidir, Chadhir, Khizer) ist ein Schutzpatron, der Menschen in Not zur Hilfe eilt. Mit „Eile herbei Hızır!“ wird er zur Hilfe gerufen. Alevitinnen und Aleviten glauben daran, dass die Heiligen Brüder Hızır und Ilyas als Propheten gelebt und das sogenannte „Wasser der Unsterblichkeit“ (Abu Hayat/ Abu Kevser) getrunken haben, um den Menschen zu helfen, insbesondere Reisenden (in diesem Kontext auch der/dem Reisenden auf dem mystischen Weg). Nach diesem Glauben kommt Hızır auf Land, und Ilyas auf dem Meer zur Hilfe. Überlieferungen zufolge helfen beide Menschen, die in Not geraten sind und „vom ganzen Herzen“ um Hilfe rufen. Sie bringen den Menschen Glück und Wohlstand.

Nach einer Erzählung soll Hızır das erste Mal von Gefährten Noahs zur Hilfe gerufen worden sein, und das mit Menschen vollbeladene Schiff während der Seekatastrophe geschützt haben. Nachdem das Schiff die drei Tage-Katastrophe überstanden hat, sollen die Geretteten drei Tage lang gefastet haben, um Hızır ihre Dankbarkeit zu zollen.

Der Helfer Hızır wird in Anatolien als weißbärtiger Mann auf einem weißen Schimmel charakterisiert: „Eile herbei lieber Hızır!“ wird gerufen, wen jemand in Not ist. Im Volksmund wird Hızır mit seinem Schimmel „bozatlı hızır“ genannt und über ihn werden zahlreiche Geschichten erzählt. Hierbei kann eine Parallelität mit dem heiligen St. Georg aus dem Christentum festgestellt werden.

In der Hızır-Woche wird abends eine spezielle Speise (kavut) aus Weizen und Wasser zubereitet, die über Nacht ruhen muss. Jedes Familienmitglied wünscht sich etwas Besonderes. Die Vorstellung geht dahin, dass diese Wünsche in Erfüllung gehen, falls Hızır über Nacht vorbeikommt und ein Zeichen auf dieser Speise hinterlässt. Diese Speise wird am nächsten Tag in der Nachbarschaft verteilt. Jede/Jeder versucht, Speisen von allen Familien zu kosten, damit sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, von der Speise gekostet zu haben, die Hızır gesegnet hat.

Hızır als Begriff nimmt einen großen Platz im Alltag ein. Viele Alevitinnen und Aleviten legen ihre Gelöbnisse im Namen von Hızır ab und bitten um Etwas im Namen von Hızır. „Hızır sei Dank“, „Hızır möge kommen“, „Es möge das Mahl von Hızır sein“ sind einige bekannte Sprüche. In manchen Gegenden wird Kindern, Bergen, Seen, Wegen etc. der Name Hızır gegeben. Es gibt sogar ein religiöses Semah-Ritual namens „Hızır semahı“.

Auch in Deutschland bereiten sich alevitischen Gemeinden für diese Feier vor. Die Räumlichkeiten werden gründlich gereinigt, da angenommen wird, dass Hızır ordentlichen und sauberen Orten ein Besuch abstattet. Alevitische Gemeinden in Deutschland halten während der Fastenzeit mindestens einen Gottesdienst (Hızır Cemi) in den Cemhäusern ab, wobei Hızır das Hauptthema des Rituals ist.

In dieser Woche wird von Dienstag an 3 Tage lang gefastet. Am letzten Tag wird in der Wohnung und vor der Haustür für die Feier geputzt. Am Abend werden die vorbereiteten Speisen an den heiligen Gedenkstätten bzw. Cemhäusern mit allen Besuchern gemeinsam verspeist. Am Freitagabend werden auf den Friedhöfen in der Umgebung Kerzen angesteckt und zu Hause den Kindern Geschichten von Hızır erzählt.