Die Alevitische Gemeinde Deutschlands begrüßt den Schritt der Bundestagsfraktionen zur Anerkennung des Genozids an den orientalischen Christen.
Die Politik geht damit den weiteren Weg zur institutionellen Anerkennung Deutschlands als Einwanderergesellschaft.
Für eine gemeinsame Zukunft bedarf es der Grenzziehung gegenüber Extremismus, Nationalismus und jede Form des Radikalismus. Diese beginnt bei der Anerkennung von Genoziden als ein gemeinsames und indisponibles Geschichtsverständnis. Die Zuwanderung von Millionen von Menschen, die in Deutschland eine neue Heimat suchten, brachte nationalistisch-politische Strömungen und rechtsradikale Kräfte ins Land, die heute im Widerspruch zu unserer demokratischen und humanistischen Werteordnung stehen. Radikale Menschen bedrohen Politiker wie Cem Özdemir und zahlreiche andere Abgeordnete. Das Thema ist daher kein rein außenpolitisches Thema. Neben der Anerkennung der eigenen deutschen Mitschuld, gibt die
Anerkennung den Weg für weitere Versöhnungsmaßnahmen vor.
Extremismus, Nationalismus und religiöser Fundamentalismus in der Zuwanderergemeinschaft hinterlassen ihre Spuren in Deutschland. Diese müssen wir ernst nehmen und sie müssen ebenso
isoliert und ausgegrenzt werden, wie alle anderen extremistischen Gruppen auch. Extremismus
darf nicht mehr als ein „rein deutsch-deutsches Phänomen“ betrachtet werden. Daher begrüßen wir als Alevitische Gemeinde Deutschlands die Resolution zur Anerkennung des Genozids an den
orientalischen Christen im Osmanischen Reich. Sie waren damals unsere Nachbarn und sie sind es heute in der neuen Heimat Deutschland.
Hierz u erklärt Aziz Aslandemir, stellvertretender Bundesvorsitzender der Alevitischen Gemeinde Deutschland:
"Lassen Sie uns ein Zeichen dafür setzen, dass die Taten der osmanischen Regierung ein verbrecherischer Akt an der Menschheit waren. Lassen Sie uns eine neue demokratische Kultur entwerfen, die sich klar gegen eine Politik der Ausgrenzung und Unterdrückung Andersdenkender und Anderslebender richtet. Lassen Sie uns gemeinsam Vorbild für die Welt sein und gemeinsam gegen radikale Islamisten, sowie politische Extremisten vorgehen. Denn jeder von uns kann zum „Opfer“ dieses antichristlichen Extremismus werden. Lassen Sie uns dort gemeinsam klare „Grenzen der Toleranz“ ziehen, wo gefährliche Ideologen aus der Zuwanderergemeinschaft – wo die gefährliche Politik mancher auswärtiger
Staaten - sich Zugang zu unserer Gesellschaft verschaffen wollen, der sich oft im Antisemitismus am stärksten niederschlägt."
Nur durch gegenseitiges Verständnis, kritische Selbstreflexion und der Aufarbeitung der Herkunftsgeschichte im Rahmen einer staatlich begleiteten Erinnerungs- und Gedenkkultur kann
ein friedvolles Miteinander und solidarisches Untereinander in Deutschland herbeigeführt werden.
Radikalismus spaltet, während ein gemeinsames Erinnern und Gedenken versöhnt. Hieran sollen
alle Politiker, insbesondere die im integrationspolitischen Bereich aktiven Türkeistämmigen Politikerinnen und Politiker des Bundestages und der Bundesregierung sich erinnern.
In diesem Sinne ist die vorgesehene Resolution des Bundestages am 2.6.2016 der erste Schritt für eine kritische Aufarbeitung und Auseinandersetzung.
Wir alle sind gefordert, ein politisches Engagement zu entwickeln, die von Verbänden, Vereinen, politischen Parteien, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Stiftungen und Jugendorganisationen getragen wird, um dieser menschenfeindlichen Radikalität, welche
hinter der Leugnung eines Genozids steht, ein Ende zu setzen.
Für Fragen und weitere Auskünfte:
Melek Yıldız
Stellv. Generalsekretärin
E-Mail: melek.yildiz@alevi.com